Mittwoch, 28. Juni 2017

Abenteuer Radfahren

Für diesen Sommer steht bei mir ausser Tauchferien in Eilat (schon nächste Woche!) auch eine mehrtägige Fahrradtour in der Schweiz auf dem Programm. Natürlich freue ich mich darauf, habe aber auch etwas Angst, dass ich dem langen auf-dem-Sattel-sitzen und in-die-Pedale-treten nicht mehr gewachsen sein könnte. Schliesslich habe ich kein Fahrrad mehr, seit meines vor einigen Jahren gestohlen wurde. Um mich für die bevorstehende Tour etwas in Form zu bringen, habe ich nun von einer guten Arbeitskollegin ein Fahrrad geliehen bekommen. Dabei scheint es sich um ein echtes Luxusobjekt zu handeln– es ist gross, mit extrabreiten Reifen und trotzdem überraschend leicht und schnell. Die erste Fahrt, mehr als 20 Kilometer von der Kollegin zu mir nach Hause, verlief ganz gut, wenn man davon absieht, dass ich die letzten paar Kilometer stehend fahren musste, weil ich nicht mehr sitzen konnte.

Trotzdem, oder gerade deswegen, übe ich aber fleissig weiter. Da meine freie Zeit mit sportlichen Betätigungen schon ziemlich ausgelastet ist (dreimal wöchentlich Lauftraining und einmal Yoga), lasse ich nun einfach meinen Wagen zu Hause stehen und fahre mit dem geliehenen zweirädrigen Rolls-Royce zur Arbeit. Mein Arbeitsweg beträgt auf der Strasse etwa 10 und querfeldein etwa 7 Kilometer. Nun wäre diese Kurzdistanz für die meisten westeuropäischen Radfahrer wohl kaum der Rede wert –in Israel kann es sich dabei aber um ein recht abenteuerliches Unterfangen handeln. Obwohl Radfahren sehr beliebt ist, gibt es kaum ordentliche Radwege. Viele Radfahrer weichen deshalb auf die Strasse aus und nicht selten trifft man auf Autobahnen Radfahrer, die die Pannenstreifen als Velowege nutzen. Dafür ist mir mein Leben aber noch zu wertvoll, vor allem, da die israelischen Autofahrer alles andere als rücksichtsvoll sind. So machen sie sich zum Beispiel beim Überholen gerne mit der Hupe bemerkbar, für den Fall, dass der schwerhörige Radfahrer sie sonst nicht bemerken könnte. Dass eine während dem gesamten Überholmanöver durchgedrückte Hupe einen Radfahrer aus dem Sattel hauen kann, wissen wahrscheinlich nur diejenigen, die sich selbst zur zweiten Gattung zählen.
Querfeldein gibt es einige Wege, die mit landwirtschaftlichen oder Gelände-Fahrzeugen zwar befahrbar und streckenweise ganz akzeptabel sind, aber immer wieder von undurchquerbaren Pfützen (im Winter) und von tiefsandigen Strecken (im langen Sommer) unterbrochen sind. Haben sie schon einmal versucht, auf einer Sanddüne radzufahren?
Nach einigen Probefahrten, auf welchen ich mehrere Male in tiefem Sand einsank, absteigen und - das Fahrrad stossend – umkehren musste, habe ich nun aber den idealen Weg gefunden. 7 Kilometer fast ausnahmslos angenehm befahrbare Feldwege. Jetzt können mich auch die stacheligen Büsche, giftige Skorpione, Schlangen, die sich paarungsfreudig im Sand tummeln, die brütende Hitze und 99% Luftfeuchtigkeit nicht vom Abenteuer Radfahren abhalten. Zum Glück erwarten mich an meinem Arbeitsort eine gute Dusche und klimatisierte Büros.

Nun sehe ich der langen Steigung auf den Brünigpass gelassen entgegen, sie wird für meine Sanddünen-erprobten Beine ein Kinderspiel sein.

Sonnenaufgang unterwegs

Sonntag, 4. Juni 2017

Spontane Reise

Am Donnerstagmorgen früh verlässt Itay spontan das Haus, nur mit einer Badehose und einem T-Shirt bekleidet. Da nichts geplant ist und er keine Ahnung hat, wohin es gehen soll, nimmt er im letzten Augenblick seinen Schlafsack und ein Frottiertuch mit. Einer der Kollegen bringt einen gusseisernen, feuerfesten Topf und der dritte steuert einen Sack Reis und etwas Gemüse bei.
Ihre ungeplante Reise führt sie zuerst in die Golanhöhen, dort gehen sie den Wasserläufen entlang, machen an erfrischenden Quellen Rast, kochen abends das Reis auf einem Feuer. Sie übernachten am Donnerstag in einem schattigen Wäldchen und am Freitag am Ufer des See Genezareths.
Am Samstagabend steht Itay wieder da, in eben selbiger Badehose und T-Shirt, braungebrannt und zufrieden. Das Frottiertuch ist schwer und nass und ich frage ihn, ob er es beim Baden gleich mit ins Wasser genommen hätte. Nein, sagt er, aber die Kollegen hatten keines dabei, deshalb haben wir es zusammen benützt.

Ach, manchmal möchte ich wieder zwanzig sein. Diese Unbekümmertheit! Sich um nichts sorgen müssen. Keine Minute vorausplanen. Einfach losziehen, ohne Verpflichtungen. Die Welt entdecken. Ich bin so begeistert von Itay’s spontaner Reise, dass ich mir sofort etwas ähnliches auszumalen beginne. Am besten schon gleich für nächstes Wochenende.

Aber im Schlafsack auf dem Boden übernachten? Nicht gerade bequem. Ich würde mir erlauben, eine Campingmatratze mitzunehmen. Und vielleicht ein Kopfkissen? Und eine Zahnbürste, also bitte, das ist doch das Mindeste. Sonnenschutz. Mückenspray. Und frische Unterwäsche. In Gedanken stelle ich eine kleine Packliste zusammen.
Ein Blick auf den Terminkalender ruiniert meine Spontanreisepläne endgültig. Termin beim Zahnarzt mit Lianne, Kinokarten...
Es gibt einfach zuviel Ballast in meinem Leben für spontane Entscheidungen.

Man muss ja nicht allzu Grosses im Schilde führen – meine Laufrunden am Wochenende sind meine kleinen Ausbrüche.